wolkig 10,7 °C

Wissenswertes

echte Wöllsdorfer Meßwerte für Döbeln und Umgebung

Genauigkeit und Fehlerbetrachtung

Mein Vater, ein Physiker, hat mich immer wieder ermuntert, meinen Blick auf den Meßfehler (heute offiziell: Meßabweichung) zu richten, der mit jeder Messung verbunden ist. Es gilt, sich eine Vorstellung von dessen möglicher Höhe zu verschaffen. Welche Einflüsse wirken auf die Messung ein? Wie beeinflußt mein Meßaufbau die Werte? Welche Grenzen hat die eingesetzte Gerätetechnik? Hat das alles eine Bedeutung im Hinblick auf die Aussagen, die ich mit meiner Messung gewinnen will?

Meßbedingungen und äußere Einflüsse

Meßbedingungen und äußere Einflüsse können große Auswirkungen auf das Meßergebnis haben. Einige Beispiele aus dem Bereich der Meteorologie sollen das hier verdeutlichen.

Einer der bekanntesten Einflüsse sollte der der Sonnenstrahlung auf die Lufttemperaturmessung sein. Ein sonnenbeschienenes Thermometer zeigt viel zu hohe Temperaturen an. Deshalb bringt man das Außenthermometer am besten auf der Nordseite des Hauses an. Und deshalb verwendet man in der Meteorologie einen Strahlungsschild, am besten mit Zwangsbelüftung. Und dennoch, so berichten die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes in Leipzig, kann man an den Meßwertunterschieden der beiden dort im Strahlungsschild angebrachten Temperatursensoren den Sonnenstand ablesen.

Nicht nur die Sonne kann Einfluß nehmen. Wenn der Nachbar in Hauptwindrichtung gleich hinter dem Gartenzaun seinen Grillplatz hat, dann ist der abendliche Temperaturanstieg womöglich nicht auf das Wetter zurückzuführen.

Doch wie weit reicht dieser Einfluß? Wenn jener Nachbar nun 100 m entfernt wohnt, sind dann seine Feueraktivitäten immer noch in den Temperaturmessungen sichtbar? Das hängt auch ganz davon ab, wie fein wir messen. Die Druckwelle vom Ausbruch des Hunga-Tonga-Vulkans am 15.01.2022 auf der anderen Seite der Erde war auch in den Luftdruckmeßwerten in Wöllsdorf nachweisbar. Die heiße Grill-Luft hat sich dagegen wahrscheinlich schon so breit verteilt, daß sie die Zehntelanzeige der Temperatur nicht mehr zu verändern vermag.

Haben Sie schon einmal einen LKW mit hinten offener Plane fahren sehen? An beiden Seiten ist die Plane stark nach außen gewölbt, als wäre drinnen ein Gebläse, und das, obwohl der Fahrtwind von vorne kommt. Denn der Luftdruck ist auf der windabgewandten Seite höher als auf der windzugewandten. Verantwortlich ist dafür der Bernoulli-Effekt. Und nun stellen Sie sich Ihr Haus mit dem Luftdrucksensor darinnen vor. Nehmen wir an, draußen tost der Sturm, und das Fenster auf der windabgewandten Seite (Lee) ist offen. Welchen Luftdruck messen Sie? Wenn er in der Lage ist, eine Plane nach außen zu drücken, ist er offensichtlich höher als in der Umgebung.

Und spielt es für Ihre Meßaufgabe eine Rolle? Das ist etwas, das Sie selbst entscheiden müssen.

Genauigkeit der Sensoren

Wie genau mißt der Sensor wirklich? Wenn ±1 in der Spezifikation steht, braucht man keine Kommastellen anzeigen. Auf der anderen Seite steht die Frage, ob diese Kommastelle überhaupt etwas an der Aussage ändert. Wenn ich nicht gerade eine Wettervorhersage für die nächsten 14 Tage berechnen oder meine Meßwerte mit den Nachbarstationen vergleichen will, dann sind 1025 mbar so gut Hochdruckeinfluß wie 1025,3 mbar.

Der erwähnte Vulkanausbruch lenkt den Blick auch noch auf ein anderes Detail: die Genauigkeit des Absolutwertes im Vergleich zur Genauigkeit von Differenzen. Selbst wenn im Beispiel der Luftdrucksensor durchgehend um 3 mbar zu hohe Werte lieferte, können die kleinen Schwankungen bei dem Vulkanausbruch eine hohe Genauigkeit haben. In der Sensorspezifikation sind deshalb in der Regel mehrere unterschiedliche Genauigkeitswerte angegeben, die dann je nach Fragestellung an den Sensor eine unterschiedliche Bedeutung entfalten.

Begriffe

Der Begriff Meßfehler wurde von Carl Friedrich Gauß eingeführt. 1983 wurde er in Meßabweichung umbenannt. Als Meßfehler gelten seither nur noch Dinge wie falsche Handhabung und Defekte an der Meßtechnik

Meßunsicherheit ist der Maximalwert, den die Meßabweichung nach Einschätzung des Meßtechnikers erreichen kann.

Arten von Meßabweichungen (Meßfehlern)

Im Folgenden soll der aktuelle Begriff Meßabweichung anstelle des älteren Begriffs Meßfehler verwendet werden.

Meßabweichungen werden wie folgt eingeteilt:

  • systematisch
    Systematische Abweichungen liegen sozusagen "im System". Sie treten bei allen aufeinanderfolgenden Messungen in derselben Höhe auf (absolut oder relativ, siehe unten). Theoretisch kann man den systematischen Fehler bestimmen, aber praktisch geht das in der Regel nicht vollständig.
  • zufällig
    Zufällige Abweichungen haben bei jeder Messung eine andere Höhe. Indem man einen Mittelwert aus mehreren Messungen bildet, versucht man, den Einfluß auf das Meßergebnis zu verringern.
  • dynamisch
    Der Meßwandler, der aus dem analogen Meßsignal einen Zahlenwert im Computer macht, übermittelt die Werte in einem Takt, der Abtastrate. Wenn sich die Meßgröße relativ schnell ändert, dann folgt der Meßwert mit leichter Verzögerung. Kurze Spitzen können dabei sogar völlig verschluckt werden.
  • durch die Digitalisierung
    Der Meßwandler kann in der letzten Stelle immer nur um eins weiterschalten. Dadurch entsteht ein kleiner Treppeneffekt beim Anzeigewert. Der wirkliche Wert liegt dann (abgesehen von anderen Meßfehlern) irgendwo zwischen den beiden Stufen, und der Abstand ist der Quantisierungsfehler, den man nicht bestimmen kann.

Meßabweichungen können daneben absolut oder relativ sein.

  • Absolute Abweichungen haben unabhängig vom Meßwert immer denselben Wert. Sie werden in der Einheit der Meßgröße oder als Prozentsatz des Skalenendwertes angegeben.
  • Relative Abweichungen sind in ihrer Größe vom jeweiligen Meßwert abhängig und werden deshalb in Prozent des Meßwertes angegeben.